Fortsetzungen und Verfilmungen bekannter Vorlagen (wie z.B. Videospiele) sollten immer auch unabhängig vom Vorgänger und/oder der Vorlage als eigenständiger Film bestehen können …
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Ich bitte um Verständnis, wenn ich darauf verzichte, wie sonst immer, am Anfang der Rezension die Handlung des Films zusammenzufassen. Zum einen bildet die Handlung (oder das, was dieser Film anstelle einer „Handlung“ zu bieten hat) einen der Hauptkritikpunkte dieses, an Kritikpunkten nicht armen Films. Zum anderen ist das alles so dämlich, klischeehaft und vor allem langweilig, dass es nicht mal mehr witzig ist.
Bevor jetzt die Einwände kommen: ich weiß selbst, dass der typische Blumhouse-Horrorfilm nicht für mich gemacht wird, sondern für jüngere Filmfans. Sehr viel jüngere Filmfans. Sehr, sehr viel jüngere Filmfans. Und ich weiß auch, dass bereits der Vorgänger und nun auch die Fortsetzung jeweils Verfilmungen einer Reihe von erfolgreichen und populären Videospielen sind. Im Kreisdiagramm potentieller Fans dieses Films finde ich mich nicht nur in keinem der beiden Kreise wieder. Ich bin nicht einmal auf dem Blatt mit dem Diagramm zu finden.
Aber zum einen habe ich eine Expertin in die Pressevorführung mitgenommen. Meine älteste Tochter, die mit sämtlichen Teilen des Spiels vertraut ist, hat mich praktisch als einheimische Führerin durch dieses mir unbekannte Land begleitet (und schuldet mir damit nur noch EUR 224.986,- für Aufzucht, Ausbildung und Verpflegung). Zum anderen muss jeder Film, auch Fortsetzungen oder Verfilmungen von Videospielen oder Fortsetzungen von Verfilmungen von Videospielen, eigenständig für sich bestehen können. Wenn ein Film nicht ohne intime Kenntnisse des Ursprungsmaterials funktioniert, dann funktioniert er als Film einfach nicht. Dummerweise funktioniert „Five Nights at Freddy’s 2“ weder mit noch ohne intime Kenntnisse des Ursprungsmaterials.
Der Film funktioniert einfach nicht. Natürlich bietet er jede Menge „Easter-Eggs“ für die Fans der Spiele. Für Gamer kommt Ostern dieses Jahr kurz vor Weihnachten. Aber die Easter-Eggs werden so plump und offensichtlich in Szene gesetzt, dass sie dem Konzept der Spiele widersprechen, in dem es ja gerade darum geht, besonders aufmerksam auf kleinste Details zu achten. An einem Dutzend Stellen des Films konnte ich als Uneingeweihter die Verweise auf die Spiele überdeutlich wahrnehmen. Immer wieder saß ich da und dachte bei mir, „Aha, DAS DA hat sich gerade wieder auf das Spiel bezogen. Keine Ahnung, was DAS DA sein oder werden soll. Aber ich weiß definitiv, es hat sich aufs Spiel bezogen.“ Filmfans und Gamer, die sich über sowas amüsieren mögen, könnten auf ihre Kosten kommen.
Oder auch nicht. Denn die Bezüge werden dem Publikum nicht nur recht grob um die Ohren gehauen. Sie sind auch oft inhaltlich falsch und daher unergiebig. Figuren die im Spiel gut sind, sind im Film böse. Der Geist, der im Spiel in einer der Figuren steckt, steckt nun in einer ganz anderen Figur und irgendwie ergibt nichts richtig Sinn. Laut Presseaussendung wurde das Drehbuch von Scott Cawthon geschrieben, dem Mann der auch bereits die Videospielreihe entwickelt hat. Und das ist entweder gelogen oder sehr traurig. Vielleicht ist der Unterschied zwischen den beiden Kunstformen Film und Videospiel einfach zu groß für einen einfachen kreativen Transfer.
Wer immer das Drehbuch zu „Five Nights at Freddy’s 2“ verfasst hat, hat nicht nur wenig Ahnung von der Vorlage, er weiß auch nicht, wie sich menschliche Wesen außerhalb von sehr schlechten Filmen verhalten. Nichts an den Aktionen und Reaktionen der handelnden Personen ergibt irgendeinen Sinn. Die Handlung des Films kommt nur in Gang, weil jede Menge Erwachsene ein inmitten eines vollen Restaurants um Hilfe bettelndes kleines Mädchen ignorieren. Später will die kleine Schwester des Helden unbedingt wieder an den Ort des Schreckens zurück und ihr Bruder kommt nicht auf die Idee, der Elfjährigen zu sagen, „Nein, tut mir leid. Du darfst NICHT wieder an den gruseligen Ort zurück, an dem wir alle fast draufgegangen wären und schwer traumatisiert wurden. Mach Dich bitte fertig, wir müssen zu Deiner Therapiesitzung.“
Nicht einmal die schlechten Film-Klischees in diesem Film ergeben Sinn. Das abgeschmackte „Das ist kein Date. Wir sind nur Freunde“-Klischee vermag nun wirklich längst niemanden mehr zu unterhalten. Sein Einsatz hier ist nicht nur langweilig, sondern einfach bescheuert. Nach allem, was Held und Heldin im ersten Film erlebt haben, hätten die beiden bereits während des Abspanns zu Teil Eins entweder wilden Überlebenden-Sex haben oder einander für den Rest ihres Lebens meiden müssen. Beides wären nachvollziehbare Reaktionen auf gemeinsam erlebtes Trauma gewesen. Wenn der Held hier aber geraume Zeit nach Teil Eins noch immer die „Nice Guy“-Route quer durch die „Friendzone“ und zurück nehmen muss, ist das einfach bescheuert.
Und das ist nur der Beginn des Films. Die unsinnigen Volten der „Handlung“ im weiteren Verlauf des Films entziehen sich aufgrund ihrer Unsinnigkeit teilweise der schriftlichen Wiedergabe. Meine Lieblingsszene des Films läuft ungefähr so ab: der Held sucht den Vater eines Mädchens auf, das vor zwanzig Jahren in einem anderen der Restaurants (es gibt nun mehrere) ermordet wurde. Der Vater erzählt dem Helden nicht viel, was der Held und wir nicht schon gewusst hätten. Aber am Ende drückt der Vater dem Helden eine Spieluhr in die Hand (!), für den Fall, dass er dem Geist seiner Tochter begegnet (!!), weil solche Spieluhren dem Mädchen immer bei Einschlafen geholfen haben (!!!). An der Stelle endet diese Szene, die in kommenden Jahrhunderten an Filmhochschulen als Paradebeispiel für extrem schlampiges, faules und einfallsloses Drehbuchschreiben gelehrt werden wird.
Seid Ihr bereit für die Show?
Inszeniert wurde diese sinnlose Parade von Klischees und schlechtem Fanservice von Emma Tammi, die auch schon bei Teil Eins Regie geführt hatte. Der Vorgängerfilm war schon gleichzeitig zu lang und zu kurz, zu blutig und nicht blutig genug ausgefallen. Und diese Defizite wiegen bei Teil Zwei noch schwerer. Einerseits ist der Film viel zu lang, wenn er uns über weite Strecken kaum Horror sondern bloß ewigen, unergiebigen Dialog bietet. Andererseits kommt einem der Film zu kurz vor, weil wir wieder keine der Figuren richtig kennenlernen und so die Motivation ihrer Handlungen nie nachvollziehen können. Wie bereits der Vorgänger ist der Film für einen Gruselfilm für Prä-Pubertierende (der er eigentlich wäre) zu blutig. Für die „FSK 16“-Freigabe ist er aber nicht annähernd blutig genug, wenn Regisseurin Emma Tammi bei den wenigen Gore-Szenen schamhaft wegschneidet.
Ich habe bisher noch keinen anderen von Emma Tammi inszenierten Film gesehen. Ich war überrascht festzustellen, dass sie eine noch recht junge Dame ist. Denn die Art wie sie nun auch den zweiten Teil gestaltet hat, wirkt doch eher so wie ein älterer Herr einen solchen Film inszenieren würde, der keine Horrorfilme mag und sich weder mit diesem Genre noch den Videospielen je beschäftigt hat. Nichts ist richtig gruselig. Nichts schockt richtig. Und es ist auch nichts richtig witzig. Die größten Horrorfilme waren immer auch mit einer ordentlichen Prise Humor gewürzt. In diesem Film gibt es praktisch nichts zu lachen. Wenn eine der Figuren eine andere belehrt, „Das hier ist kein Spiel!“, ist die Ironie viel zu dick aufgetragen als das man das wirklich witzig finden könnte.
Und da wir gerade von „dick aufgetragen“ sprechen, … Ich bin üblicherweise immer sehr vorsichtig, wenn ich die Leistungen von Kinderdarsteller*innen rezensiere. Und ich bin sicher Piper Rubio ist ein nettes Mädchen. Aber ihre Leistung in „Five Nights at Freddy’s 2“ ist schlimmer als alles was in sämtlichen Teilen der „Schule der Magischen Tiere“ zu sehen war. Und da war einiges zu sehen. Piper Rubio sieht nicht nur aus wie ein Teenager (sie ist nur unwesentlich kleiner als ihr Co-Star Josh Hutcherson, der ihren erwachsenen Bruder spielt), sie agiert wie ein Teenager, der sich über kleine Kinder lustig macht. Laut Dialog ist ihre Figur elf Jahre alt, aber sie agiert wie eine Fünfjährige mit der man dringend mal zu einem Facharzt gehen müsste.
Neben der wirklich furchtbaren Darstellung Piper Rubios verblassen die schwachen Leistungen der restlichen Besetzung. Eine junge Dame namens Elizabeth Lail spielt wieder wenig überzeugend eine Polizeibeamte und noch weniger überzeugend eine Trauma-Überlebende. Ein junger Mann namens Freddy Carter spielt die Rolle eines klischeehaften Psychopaten eher uninspiriert als klischeehaften Psychopaten. Skeet Ulrich („Scream“) kann einem nach seinem unergiebigen Auftritt in diesem Film beinahe leidtun. Und Wayne Knight, der immerhin Schuld an der Krise im „Jurassic Park“ war, hat seine ewige Paraderolle als schräger, kleiner Mann noch nie langweiliger verkörpert.
Über Mckenna Grace habe ich in meiner Rezension zu „The Change“ geschrieben, „Die junge Frau muss dringend lernen, Drehbücher zu lesen, bevor sie Verträge unterschreibt.“. Nach ihrer Mitwirkung in diesem Film steht zu befürchten, dass sich jede Menge Verkäufer von Lebensversicherungen, Vorwerk-Vertreter und ganze Drückerkolonen auf der Suche nach ihr machen, weil die Dame ja offensichtlich wirklich alles unterschreibt, was man ihr vorlegt.
Matthew Lillard kann in der richtigen Rolle eine enorme Wirkung entfalten. Er konnte in „Scream“ überzeugen und war in „Scooby Doo“ besser als seine Zeichentrick-Vorlage. Hier hat er einen Auftritt in einer Traumsequenz, die ihm hoffentlich ordentlich Geld eingebracht hat. Ein anderer Grund für seine Mitwirkung an diesem Film ist nicht erkennbar.
Josh Hutcherson konnte mit gerade mal dreizehn Jahren in „Zathura“ und mit fünfzehn in „Die Brücke nach Therabithia“ beeindrucken. Seither hat er selbst in mittelmäßigen bis schwachen Filmen stets solide Leistungen gezeigt. Zusätzlich hat er in den gefühlt zwölf Teilen der „Hunger Games“-Serie gezeigt, wie gut er darin ist, seinen Co-Stars in zu vielen zu langen Dialogszenen unlogische Handlungen zu erklären. Aber selbst dieser reife Erfahrungsschatz konnte Hutcherson nicht auf den Unsinn vorbereiten, den er dem Publikum in „Five Nights at Freddy’s 2“ zu verkaufen hat.
Seine Rolle in diesem Film als „underwritten“ zu bezeichnen, wäre nicht nur untertrieben, sondern weit von der Wahrheit entfernt. Seine Rolle ist „not written at all“. Alles was wir über diesen Mike erfahren ist, dass er der Bruder des nervigsten kleinen Mädchens der Welt und scharf auf die doofe Polizeibeamtin ist. Das wussten wir aber bereits aus dem ersten Teil. Davon abgesehen verrät uns das Drehbuch absolut nichts über diesen Mike und gibt ihm auch fast nichts zu tun.
Hutchersons Name steht an erster Stelle auf der Besetzungsliste. Aber der von ihm dargestellte Mike hat nichts anderes zu tun, als seine kleine Schwester im falschen Moment allein zu lassen (verständlich, weil die Kleine echt nervt) und die bereits erwähnte Spieluhr von da nach dort zu bringen. In der Schlussszene liefert er noch die dümmste und sinnloseste emotionale Reaktion dieses an dummen und sinnlosen emotionalen Reaktionen nicht armen Films ab. Aber an diesem Punkt hat jeder vernünftige Filmfan schon längst das Interesse verloren. Echte Fans der Spiele müssen sich noch ein paar Minuten bis zur „mid-credits-scene“ gedulden , bevor sie enttäuscht und auf einen besseren dritten Teil hoffend nach Hause gehen können.
Fazit
„Five Nights at Freddy’s 2“ funktioniert als eigenständiger Film noch weniger als Teil Eins. Als Verfilmung der Videospiele funktioniert dieser Film aber leider auch nicht richtig. Und so erinnert der Film am ehesten noch an die animatronischen Figuren aus dem Restaurant: die funktionieren auch nicht richtig, sind aber wirklich furchtbar anzusehen.
Autor: Walter Hummer

